Arbeiten unterwegs
Mobiles Arbeiten oder Remote Work bedeutet für uns mittlerweile, dass wir in unserem Camper arbeiten. Und das ganz „normal“, also so, als ob wir zu Hause im Homeoffice wären. Der einzige Unterschied: in der Mittagspause machen wir einen Spaziergang in unbekanntem Gebiet. Und an den Wochenenden können wir sein, wo auch immer wir unter der Woche hingefahren sind.
Ganz so einfach stellt es sich bei genauerer Betrachtung natürlich nicht dar. Aber, eins nach dem anderen.
Warum machen wir das überhaupt?
Das ist die entscheidende Frage. Warum tun wir es uns an, auf engstem Raum parallel Telefon- oder Video-Termine zu koordinieren, warum verzichten wir freiwillig auf die gewohnten zwei Bildschirme und wieso nehmen wir die – in Deutschland oft schwierige – Jagd nach vernünftigem mobilen Internet in Kauf? Die Antwort ist so einfach wie für mache vielleicht überraschend: Weil wir es lieben. Weil wir es lieben, jeden Tag an einem anderen Ort zu sein, neue Landschaften und neue Menschen kennenzulernen. Weil wir es lieben, uns abends Gedanken darüber zu machen, wo wir am nächsten Tag hin fahren. Weil wir es lieben, die Wochenenden in fremden Umgebungen, Städten oder sogar Ländern zu verbringen. Und weil wir es lieben, zu zweit auf engstem Raum zu leben.
Das bringt uns auch gleich zu einer der am häufigsten gestellten Fragen: Geht ihr euch da nicht auf den Sack? 24 Stunden in einem so kleinen Camper, ohne die Möglichkeit einander auszuweichen? Ja, manchmal. Aber eher selten bis gar nicht. Und wenn, dann meist eher aufgrund von Auslösern, die nicht unbedingt wegen des beengten Raumes entstehen. Eher, wenn wir mal wieder verzweifelt auf der Suche nach Frischwasser oder einer Mülltonne sind. Wenn wir falsch navigieren oder zu spät bremsen. Oder, wenn wir vergessen , uns etwas zum Mittagessen zu machen, dann kann die Laune schon mal gewaltig sinken. Ich habe allerdings stark die Vermutung, dass die Frage von denjenigen gestellt wird, die sich selbst das Zusammenleben mit ihrer/m Partner:in in einer solchen Form nicht vorstellen können.
Ich möchte jetzt auch gar nicht weiter auf Aspekte unserer Beziehung oder die der anderen, eingehen. Hier viel mehr kommen nun ein paar praktische Tipps und nützliche Erfahrungen.
Fahren und Arbeiten
Wir arbeiten beide in „normalen“ Vollzeit-Jobs. Lisa im Marketing, ich im Controlling. Das bedeutet, wir benötigen an jedem Arbeitstag einen Stellplatz für ca. 9 Stunden (8 bis 17 Uhr) mit brauchbarem mobilem Internet. Mehr zum Thema Internet im nächsten Abschnitt. Weil wir nicht nur Arbeiten, sondern auch vom Fleck wegkommen wollen, möchten wir auch jeden Tag ein Stück fahren, um einen neuen Standort zu erreichen. Bei unserer ersten Reise dieser Art haben wir schnell festgestellt, dass es für uns am meisten Sinn macht, wenn wir uns vor der Arbeit, also früh morgens, zum nächsten Standort bewegen. Das mag daran liegen, dass es Winter war und es abends nicht mehr lange genug hell war, um bei circa 1,5 bis 2 Stunden Fahrt noch im Hellen am neuen Standort anzukommen. Und man kann, zum Beispiel bei schlechtem Internet, noch leichter ein Stück weiterfahren. Wie gesagt, die Aufteilung ist vermutlich jahreszeitenabhängig und kann im Sommer andersrum besser sein, wenn der Drang bis kurz vor 8 liegen zu bleiben größer ist, als die Abneigung, nach der Arbeit noch fahren zu müssen.
Mit dieser Tageseinteilung zwischen Arbeiten und Fahren sind wir ganz gut, wenn auch langsam, vorwärts gekommen und haben in 5 Tagen die Streck zwischen München und Hamburg bewältigt (ca. 800 Kilometer).
Internet unterwegs
In Deutschland ist es tatsächlich immer noch sehr schwer, bezahlbares und gutes mobiles Internet zu bekommen. Auf unserer Reise auf dem Balkan wurden uns die SIM-Karten förmlich nachgeworfen, zum Beispiel in Montenegro, 500 GB für 10 Tage für nur 10 Euro. Davon können wir hier in Deutschland nur träumen. Mir ist dabei natürlich bewusst, dass es sich bei diesem Angebot um ein Touristen-Angebot handelte, aber das ist ja auch nur ein Beispiel. Auch alle anderen Länger bieten super Angebote.
Weil wir schlechte Erfahrungen mit einem mobilen WLAN-Hotspot gemacht haben (TP-Link M7200) und bessere oder andere Hardware wirklich teuer ist, sind wir dazu über gegangen, mit meinem Handy und meinem normalen Telefon-Vertrag einen Hotspot bereitzustellen. Dazu nutzen wir einen unlimitierten Telefonvertrag, der leider noch sehr schwer preiswert zu bekommen ist (Vodafone, Kombination aus zwei Services und anderen Rabatten, €25,-/Monat) Der Hotspot funktioniert auch wirklich gut. Jetzt, wo ich diese Zeilen schreibe, stehen wir am Norddeich in Norden in Ostfriesland mit ausgezeichnetem Internet, sodass wir beide mit unseren Laptops arbeiten können.
Aber auch das ist leider nicht überall so. Armes Deutschland, Land der weißen Flecken. Aber es ist durchaus zu bemerken, dass immer häufiger das 5G Netz zur Verfügung steht. Und noch etwas ist uns dabei aufgefallen. Hier im Norden ist die Abdeckung in der Regel viel besser als bei uns im Süden. Wo jede Kurve, die in ein anderes Tal führt, bedeuten kann, dass es sogar kein Telefonsignal mehr gibt, von mobilem Internet ganz zu schweigen. Das ist natürlich logisch, aber man muss da trotzdem erstmal draufkommen.
Da wir, wie oben schon beschrieben, beide Vollzeit arbeiten, benötigen wir immer gutes Internet. Das hat schon ein paar Mal dazu geführt, dass wir den geplanten Standort wieder verlassen mussten. Solltest du also aus dem Fenster schauen und eher Berge statt weite Flächen sehen, hilft es, sich an größeren Dörfern oder Städten zu orientieren.
Aktuell verbrauchen wir übrigens zwischen 5 und 10GB Datenvolumen pro Tag.
Termine, Termine, Termine
Wir haben beide immer wieder Telefon- und Video-Termine. Wenn wir beide in unserem Camper sitzen, ist es sehr schwer, gleichzeitig zu telefonieren. Deshalb versuchen wir die Termine nach Möglichkeit so zu koordinieren, dass sie sich nicht überschneiden. Aber das ist nur in wenigen Fällen möglich, falls wir überhaupt einen Einfluss auf die Termine nehmen können. Deshalb geht bei gleichzeitigen Gesprächen immer einer, in der Regel bin ich das, in die Fahrerkabine, während der andere hinten sitzen bleibt. Das funktioniert so ganz gut, deshalb werden wir uns noch eine Möglichkeit bauen, in der Fahrerkabine einen Schreibtisch aufstellen zu können.
Gleichzeitige Videotermine belasten ganz schön die zur Verfügung stehende Bandbreite. Je nach Qualität des mobilen Internets kann es dabei schon mal zu Qualitätsverlusten oder Ausfällen kommen. Manchmal reicht es, das Gespräch ohne Video fortzusetzen, eine andere Lösung haben wir leider noch nicht gefunden. Solltest du also einen Tipp für uns haben, freuen wir uns sehr, wenn du ihn uns schreibst.
Im Camper ist es schwer, für richtige Lichtverhältnisse bei Videoterminen zu sorgen. Wir nutzen im Moment einen kleinen Akku-Baustrahler, den wir dafür so aufstellen, sodass er für indirektes Licht sorgt. Das kann allerdings keine dauerhafte Lösung sein. Auch hier sind wir also noch auf der Suche nach einer guten Lösung und wie immer offen für Ratschläge.
Stromverbrauch
Der tatsächliche Stromverbrauch bei so einem Arbeitstag im Camper ist schwer zu errechnen und fällt auch nicht so stark ins Gewicht, wenn wir täglich auch ein Stück fahren. Dann sind die Batterien sowieso wieder komplett voll.
Mein Laptop hat laut Herstellerangaben einen durchschnittlichen Verbrauch von 27 Watt. Das bedeutet, wir haben bei 8 Stunden Arbeit circa einen Verbrauch von 18 Amperestunden pro Laptop (27W / 12V = 2,25A x 8h = 18Ah). Beide Laptops zusammen benötigen also nicht einmal 20% der uns zur Verfügung stehenden 200Ah. Dazu kommt noch der Verbrauch für die Handys und für die zusätzlichen Lampen für unsere Videotermine.
Mehr zum Thema Strom im Camper in diesem Artikel.
Sommer vs Winter
Bisher haben wir die oben beschriebene Art zu Reisen mit einer längeren Strecke nur im Winter ausprobiert. Das schränkt natürlich stark ein, weil man den Camper kaum verlassen kann. Im letzten Sommer haben wir aber auch einzelne Arbeitstage mit dem Camper im Grünen verbracht, und das hatte natürlich den Vorteil, dass man sich in die Sonne setzen kann, dass man sich außerhalb des Campers aufhalten kann und dass man nach dem Feierabend direkt in den See hüpfen und im Anschluss den langen warmen Abend genießen kann. Darauf freuen wir uns natürlich, werden aber trotzdem auch weiterhin jede Gelegenheit nutzen, um unterwegs zu sein. Die Jahreszeit und das Wetter spielt dabei eher eine untergeordnete Rolle.
Was soll ich sagen!! Ich bin begeistert von eurer Einstellung!
Darüber hinaus:
Denkt mal darüber nach ein Buch zu schreiben. Lisas Können am Schreiben ist ja bekannt, aber Martin, ich muss sagen, es wird nicht langweilig den Artikel zu lesen.
Toller Bericht 🙂
Lieben Dank 🙂
Gerade euren Blog entdeckt, sehr spannend! Wir stehen kurz davor, selbst den Schritt ins Vanlife zu gehen – inkl. arbeiten aus dem Van. Mich würde interessieren, ob ihr eure Laptops per 12V betreibt oder über den Wechselrichter normal mit 230V? Habt ihr spezielle Ladegeräte? Danke und gute Reisen!
Hallo Oliver, es freut uns sehr, dass dir unsere Artikel gefallen.
Wir haben unseren Camper von Anfang an so ausgebaut, dass wir problemlos daraus arbeiten können. Bis jetzt haben sich unsere Konzepte auch sehr bewährt 🙂
Auf einen Wechselrichter haben wir bewusst verzichtet, mehr dazu in unserem Strom-Beitrag. Als wir mit dem Ausbau fertig waren, war es noch relativ schwierig, für die Laptops passende Ladegeräte mit 12 Volt zu bekommen. Inzwischen kannst du die Stecker für den Zigarettenanzünder mit USB-C Anschluss mit entsprechend guter Leistung in vielen Läden kaufen.
Wir laden unsere Laptops immer mit diesen Steckern. Am Besten den Output deines 230V Ladegerätes mal mit den Outputs der Stecker vergleichen.
Falls du weitere Fragen hast, kannst du uns auch gerne auf Instagram erreichen, da klappt die Kommunikation etwas schneller.
Viel Spaß und schon mal guten Start ins Vanlife!!