Wir, die in den 80er und 90er Jahren geboren sind, sind die Generation, der nachgesagt wird, selbstverliebt und faul zu sein. Wir sind die Generation, die als unentschlossen und zu anspruchsvoll gilt. Wir sind aber auch eine Generation, die ehrgeizig, gut ausgebildet, flexibel, immer einsatzbereit ist und innovative Ideen mitbringt, die hohe Erwartungen stellt – vor allem an sich selbst – und weiß, dass lebenslanges Lernen nicht nur eine Floskel ist.
Wenn sich die Babyboomer in ihren wohlverdienten Ruhestand verabschieden, stehen wir schon in den Startlöchern. Wir wollen Leistung bringen, Unternehmen in die Zukunft begleiten, herausfordernde Projekte vorantreiben und sehen, dass unsere Arbeit nicht nur einen Unterschied für den Unternehmenserfolg macht, sondern auch einen tieferen Sinn hat.
Selbstredend kann man nicht alle, die qua Geburtsjahrgang einer Generation zugeordnet werden, über einen Kamm scheren. Doch so ticken viele meiner Generation – der Generation Y.
Die Generation Y möchte nicht zwei Leben führen: beruflich und privat
Sinn suchen wir nicht nur in unserer Arbeit, sondern eigentlich immer. Die Generation Y fragt ständig nach dem „why“. Neben den Projekten im Job, liegen uns auch private Projekte am Herzen. Egal ob es der eigene Blog ist, den wir schreiben, der YouTube Kanal, den wir gerade aufbauen oder die ehrenamtliche Tätigkeit im Tierheim.
Wir wollen uns verwirklichen, unabhängig sein und das Leben genießen. Dabei trennen wir aber nicht zwischen Beruf und Privat. Wozu auch? Schließlich möchten wir nicht zwei Leben führen: Eines, in dem wir mit Schlips und Kragen den Anweisungen unseres Chefs Folge leisten und hoffen, dass bald Feierabend ist und eines, in dem wir dann zum Ausgleich endlich die Sau rauslassen oder mit Familie und Freunden abhängen können.
Beruf und Privat sind nicht zwei verschiedene Paar Schuhe, sondern eines, das hervorragend zusammenpassen sollte. Wir wollen Arbeit und Privatleben verbinden. Und das ist auch gut so. Denn wenn wir eben jene Tätigkeit gefunden haben, die uns Spaß macht und uns sinnvoll erscheint, leisten wir gute Arbeit. Dann setzen wir uns auch gerne am Abend hin und überlegen uns Strategien, um das neue Projekt voranzubringen.
Wir wollen gute Arbeit leisten und wünschen uns den passenden Rahmen
Doch wenn wir mit einer vorgegebenen Arbeitszeit von 9 bis 17 Uhr in einem Büro sitzen müssen, kann die Tätigkeit noch so sinnstiftend sein. Der Job wird uns irgendwann wahrscheinlich aufs Gemüt schlagen. Wir können nichts anfangen mit pseudoflexiblen mobilen Arbeitszeitmodellen wie gut gemeinten Homeoffice-Regelungen, die uns versprechen, dass wir einen Tag in der Woche von zu Hause aus arbeiten dürfen aber eben doch lieber im Büro gesehen werden. Wir schütteln den Kopf über die allseits angepriesene Vertrauensarbeitszeit, die dennoch Kernzeiten zwischen 9 und 16 Uhr vorgibt. Was Unternehmen als generös verkaufen wollen, stellt für uns eine Einschränkung dar – nicht nur unserer Arbeitsweise, sondern unserer Persönlichkeit.
Was wir brauchen? Größtmögliche Flexibilität
Es muss kein sechsstelliges Gehalt sein, das wir auf dem Konto vorfinden. Denn Freiheit ist uns oft wichtiger als die dicke Kohle. Unser Problem ist, dass wir Geld benötigen, um uns Freiheit kaufen zu können: Die Fernreise, um unseren Horizont zu erweitern, das Sabbatical, um endlich noch ein wenig mehr von der Welt sehen zu können oder doch irgendwann der frühzeitige Ruhestand (mit 65 statt mit 70 wie das vermutlich für uns vorgesehen ist), um nachzuholen, was wir verpasst haben.
Doch eigentlich wollen wir das gar nicht, wenn uns die Arbeit Spaß macht. Wir wollen vor allem eines: Größtmögliche Flexibilität. Wirkliches, echtes mobiles Arbeiten, von jedem Ort der Welt, zu jeder Zeit. Dann – mit dem besten aus beiden Welten – müssen es auch keine vier Wochen Urlaub am Stück oder die Auszeit für ein halbes Jahr sein. Dann können wir vielleicht – sofern es die Gesundheit zulässt – auch bis 75 arbeiten.
Schon klar, es gibt Regeln. Wir können uns nicht in einen Dschungel verkriechen, in dem die schnellste Verbindung die Buschtrommel ist. Es sind Abstimmungen notwendig und Meetings können nicht mitten in der Nacht stattfinden, bloß weil uns um 3 Uhr in der Früh die zündende Idee für das große Projekt kommt.
Die Digitalisierung macht’s möglich
Die Digitalisierung macht es möglich. Selbst in dem ein oder anderen Dschungel gibt es übrigens Internet. Ob das jetzt für den Urwald und die dort ansässige Flora und Fauna so erstrebenswert ist, ist ein anderes Thema. Doch wir können unsere Meetings genauso gut im Büro abhalten wie am heimischen Küchentisch, im Co Working Space in Singapur oder im Campervan in der Algarve.
Was ist mit dem sozialen Austausch, mag sich nun der ein oder die andere fragen. Denn auch dieser ist neben der Produktivität für das Arbeiten nicht ganz unwichtig. Spätestes durch Corona haben viele von uns gelernt, dass auch das Miteinander nicht zu kurz kommen muss. Ein informelles Pläuschen funktioniert auch über Video-Plattformen ganz gut. Dafür muss man sich nicht zwingend in der Office-Küche treffen.
Alles eine Frage der Organisation
Dann sitzen wir eben unter einer Palme, während wir im Conference-Call sind oder trinken gemeinsam einen virtuellen Kaffee, während wir uns über Projekte unterhalten. So what? Dann ist es eben bei uns schon 20 Uhr, während ihr euch noch im Mittagstief befindet. Was soll‘s? Es ist eben alles eine Frage der Organisation – und zwar in mehrfacher Hinsicht.
Zum einen darf natürlich das nötige technische Equipment nicht fehlen. Zum anderen liegt es am Unternehmen, das es sich zur Kultur macht, eine solche Art des Arbeitens zu ermöglichen, ohne seine Mitarbeiter als faul abzustempeln oder dem Ganzen gar einen Riegel vorzuschieben. Und zu guter Letzt müssen bestimmte Arbeitsweisen und -prozesse etabliert werden, die entsprechende Abstimmungen ermöglichen und Regeln umfassen.
Denn uns ist auch klar: Ohne Regeln geht es nicht, um nicht in die Extreme zu verfallen. Weder ist es gesund und effizient, rund um die Uhr für Arbeitgeber und Kunden erreichbar zu sein und permanent an die Arbeit zu denken. Dafür ist die Generation Y ein wenig anfällig, da wir ständig erreichbar und immer einsatzbereit sein möchten. Noch wollen wir, dass unser Arbeitgeber denkt, wir chillen von morgens bis abends in der Hängematte unter Kokospalmen.
Win-Win: Glücklicher und produktiver – für uns und unseren Arbeitgeber
Und wir versprechen euch: Unsere Arbeitsleistung leidet nicht darunter, wenn wir uns vor Arbeitsbeginn am Morgen auf dem Surfbrett in die Wellen stürzen oder den Feierabend bei einem Strandspaziergang ausklingen lassen. Im Gegenteil: Diese Freiheit, diese Unabhängigkeit und dieses Vertrauen, das uns entgegengebracht wird, spornt uns an und treibt uns zu noch besseren Leistungen. Für viele der Generation Y ist diese Flexibilität mehr wert als das Geld, das uns die Konkurrenz mehr zahlen würde, damit wir an deren Schreibtisch sitzen.
Denn wir sind uns bewusst, dass wir noch sehr, sehr lange arbeiten werden, bis wir in den Ruhestand gehen, um die Dinge tun zu können, die wir uns jetzt ausmalen – sofern es für die Generation Y und die, die uns nachfolgen, überhaupt noch so etwas wie Rente geben wird. Wir möchten uns nicht in Jahren oder Jahrzehnten mit dem „hätte ich nur“ quälen, wenn es längst zu spät ist: „Hätte ich nur mehr Zeit mit meiner Familie verbracht.“, „hätte ich nur dieses Abenteuer gewagt“, „hätte ich nur diese Reise unternommen“. Uns ist bewusst, dass das Leben endlich ist, dass Dinge passieren können, die uns einen Strich durch unsere Rechnungen machen und dass sich manches eben nicht aufschieben lässt.
Deshalb sind wir nicht bereit zu warten. Warten darauf, dass unsere Träume vielleicht irgendwann Wirklichkeit werden, während wir in einem Job malochen, der uns zwar gefällt aber nicht zufrieden macht. Wir wollen unsere Träume jetzt leben – mit einer Arbeit, die uns erfüllt und einem Privatleben, das uns glücklich macht und sind sicher: Das eine muss nicht zu Lasten des anderen gehen.