Der Campingplatz des Grauens

Wohnwagen alt

Wir stehen lieber frei als auf irgendwelchen Campingplätzen rumzuhängen. Ganz besonders suspekt sind uns die Plätze, die Centerpark-ähnlich aufgebaut sind. Will heißen: Fähnchen am Eingang, die verschiedene europäische Länder widerspiegeln, ein großer Pool in der Mitte – am besten noch mit einer gelben Rutschbahn – Minimarkt, Restaurant und in einer Größe, die es nötig macht, Schilder an den verschiedenen Wegabzweigungen anzubringen.

Nun ist es aber manchmal von Nöten, auf einem Campingplatz zu nächtigen. Besonders wenn man sich in einer Gegend befindet, in der das Internet schwach ist, wenn man es zum Arbeiten benötigt. Das sollte in der EU mit Roaming eigentlich kein Problem sein. In manchen Gegenden ist es das aber dennoch. So eben auch in Griechenland an einem Sonntagnachmittag, an dem wir wussten, dass wir am nächsten Tag eine stabile Verbindung zum World Wide Web herstellen mussten.

Camping in Griechenland: Zu groß, zu teuer

So haben wir uns also schlau gemacht, wo Campingplätze auf unserer Route liegen und den erstbesten angesteuert. Zu groß und zu teuer befanden wir. Immerhin bringen wir ja unser rollendes Zuhause mit, benötigen weder Strom noch Wasser und möchten deshalb keine 26 Euro zahlen, um einfach nur auf einem Platz zu stehen. Weiter ging also die Reise. Auch der zweite Platz hat uns nicht zugesagt. Mit 20 Euro war dieser zwar ein wenig günstiger, dafür hatte er aber keinen Schatten zu bieten. Stattdessen hinterließen die Dauercamper, die dort beheimatet waren, recht viel Müll. Das musste besser gehen, dachten wir uns.

Ein Campingplatz ohne Fähnchen: gutes Zeichen?

Deshalb sind wir ein paar 100 Meter weitergefahren, zu einem Campingplatz ohne die obligatorischen Fähnchen. Gut, das große in schweinchenrosa gehaltene Camping-Zeichen über der Einfahrt war definitiv nicht mehr das frischeste. Aber das soll ja erst einmal nichts bedeuten und es war irgendwie süß. Wir sind also frohen Mutes hineingestiefelt und haben uns mit den Besitzern unterhalten, die uns zugleich darauf hinwiesen, wir mögen unseren Camper holen und uns einen Platz aussuchen. Außerdem wurden wir sofort gefragt, was wir denn für das Abendessen haben möchten: „Meat?“ Ok, Meat also. Eine echte Chance zu widersprechen gab es gar nicht. Man will ja auch nicht unhöflich sein. Auf den ersten Blick war auch soweit alles in Ordnung, sodass Martin sich auf den Weg machte, unsere Aknes zu holen, die weiter weg geparkt war.

Freundlich aber schäbig

Sobald er allerdings weg war, ahnte ich schon, dass das hier kein gutes Ende nehmen würde. Die Besitzer waren wahnsinnig freundlich und zwangen mich nahezu dazu, mich auf einem der lidschäftigen Stühle niederzulassen. Doch bei genauerem Hinsehen wusste ich schon, dass ich mich eigentlich viel lieber auf den sandigen Boden setzen möchte als auf den Stuhl. Da ich aber ja halbwegs gut erzogen bin, nahm ich also Platz. Selbstredend ganz am Rande des schmutzigen und mit Vogelmist überzogenen Stuhls – nur nicht zu viel Fläche berühren. Hätte ich mein Handy dabei gehabt, hätte ich wohl umgehend meinen Mann angerufen, der nichtsahnend gerade mit Aknes auf dem Weg hierher war. Hatte ich aber nicht.

Nun ist es nicht so, dass mich schmutzige Stühle abschrecken. Menschen, die allerdings den Anschein erwecken, seit mehreren Wochen keinen Strahl Wasser aus der Nähe gesehen zu haben, tun dies durchaus. Man kann sich vielleicht vorstellen, wie das riecht. Nun, ungewaschen eben. Ziemlich. Die sehr abgemagerte Dame des Hauses stand zu meiner Rechten, während der Herr, der wiederum das genaue Gegenteil darstellte, sich zu meiner Linken platziert hatte. So eingepfercht bestand nicht die Chance einer Flucht. Zumal auch noch zwei Hündchen, die eher eine Mischung aus Ratte und Meerschweinchen zu sein schienen kläffend aus dem Rezeptionshäuschen herauslugten. Nun denn, dachte ich. Füge ich mich erst einmal meinem Schicksal.

Milben und Läuse sagen leise Servus

Denn immerhin waren die beiden Besitzer ja sehr nett und zwangen mich nicht nur, Platz zu nehmen sondern regelrecht auch noch dazu, bei ihnen ein Wasser zu trinken. Die Fahrt war lang, es war heiß. Wasser war also nicht die schlechteste Option. Währenddessen blickte ich mich weiter um. Was wohl einmal ein Restaurant gewesen war, glich einer heruntergekommenen Baracke: Vogelmist auf den Stühlen, deren Beine so wackelig waren, dass man sich nur mit äußerster Vorsicht darauf niederlassen sollte, Tische, die mit Staub und Blättern überzogen waren und ein Teppich, aus dem mir die Milben zuzuwinken schienen. Immerhin der Hund war nett – nein, nicht einer der kleinen Kläffer, sondern ein recht entspanntes etwas größeres Fellknäul. Und wenn das das Beste ist, was ich an einem Platz entdecke, will das schon etwas heißen. Hunden gegenüber begegne ich nämlich mit einem äußerst gesunden Respekt. Martin würde sagen mit großer Angst. Aber da hat jeder von uns wohl seine eigene Ansicht.

Der Friedhof der Motorheime

Endlich bog mein Mann mit Aknes um die Ecke. Zu diesem Zeitpunkt war es dann auch schon zu spät, die Segel wieder zu streichen. Engelchen und Teufelchen sprachen wild durcheinander in meinem Kopf: „Ekelig ist es hier“, „aber die Besitzer sind so freundlich.“ „Lauf!“ „Nein, das kannst du nicht machen!“

Nun ja, was soll ich sagen. Wir haben uns also erst einmal einen Platz auf dem Platz gesucht. Vorbei an Wohnwägen, die ihre besten Zeiten wohl vor 20 Jahren hatten, sind wir getuckert. Wahrscheinlich würden sie wieder fahren oder eben flüchten, wenn sie denn könnten. Doch der ein oder andere sah so aus, als wäre er dazu definitiv nicht mehr fähig. Offene Motorhauben, platte Reifen und Karosserien, die mit Rost und Schmutz übersäht waren. Der Friedhof der Campingfahrzeuge.

Zwischendurch dachten wir, wir seien wohl die einzigen Gäste hier. Doch tatsächlich ist uns eine Familie begegnet. Die Frage, wie zur Hölle man denn auf diesem Platz seine Kinder spielen lassen kann, beschäftigte mich nur so lange, bis sich wieder mein Gewissen meldete „aber die Besitzer sind nett“.

Statt WLAN gibt es Mücken

Wir hatten vor zu bleiben. Hatten wir wirklich. Also haben wir uns zunächst einmal das WLAN Passwort organisiert. Hat jetzt auch nicht auf Anhieb geklappt, da sich der Besitzer leider nicht daran erinnern konnte. Ein deutliches Indiz dafür, dass hier wohl eher selten Gäste aufschlagen. Die zweite Maßnahme war, das Fleisch für den Abend wieder abzubestellen. Wir würden Essen gehen, erzählten wir. Dabei wollte ich nur einfach echt kein Fleisch von den wirklich, wirklich freundlichen Menschen annehmen, die aber leider so wahnsinnig ungepflegt waren. Das Fass zum Überlaufen brachten dann die sage und schreibe 10 Mückenstiche, die ich mir innerhalb der 5 Minuten WLAN-Suche eingefangen habe.

Irgendwie gruselig hier

Zurück bei Aknes musste der Mann erst einmal etwas Essen. Dass er vorher weder Campingstuhl noch -tisch ausgepackt hatte, sondern seinen Joghurt lieber bei 40 Grad im Camper verspeiste, sprach Bände. Dass er vorher die Toiletten aufsuchte und befunden hatte, dass wir lieber im Camper duschen sollten, trug wahrscheinlich sein Übriges bei. „Irgendwie gruselig hier“ merkte er noch an und schwört, es wäre hier „mindestens 10 ach was 20 Grad kälter als im Rest von Griechenland“. Nun gut, eine verfallene Einrichtung aus längst vergangenen Tagen, Wohnmobile und Wohnwägen, die den Platz wohl nie wieder verlassen können und ein überfreundliches Paar, das uns unbedingt zum Bleiben Bewegen wollte. Wer weiß, ob sich Aknes nicht auch über Nacht in ein rostiges Wrack verwandelt hätte.

Eine Flucht und viele Fähnchen

Nun sind wir nicht der Typ Mensch, der einfach wieder die Segel streicht. Aber Himmel noch eins, man muss ja auch nicht mehr jeden Mist mitmachen. Fluchtartig haben wir daher den Platz verlassen, der netten Dame immerhin noch 2 Euro für das Wasser in die Hand gedrückt und mit der Ausrede, das WLAN würde zum Arbeiten leider nicht reichen (hat es wirklich nicht) den Campingplatz verlassen und uns direkt gegenüber einquartiert:

Ok, es gibt Fähnchen am Eingang, es gibt ein Restaurant und einen Minimarkt. Aber immerhin keinen Pool, dafür allerdings Schatten und WLAN, das zumindest im Restaurantbereich zum Arbeiten absolut ausreichen sollte.

Bildquelle: pixabay.com

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