Ich bin nicht mein Jobtitel – und du?

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„Wer bist du?“ Eigentlich eine einfache Frage, sollte man meinen.

Ich bin Lisa-Marie Wittmann, Senior Marketing & Public Relations Manager in der IT-Security Branche und arbeite nebenberuflichen als freie Texterin.

Egal ob uns diese Frage im beruflichen oder privaten Kontext begegnet, in beiden Fällen würde die Antwort wohl zunächst einmal den Namen enthalten, meist gefolgt von einer Beschreibung dessen, was wir beruflichen machen, dem Unternehmen, für das wir tätig sind und manchmal garniert mit der genauen Position und einem Titel. Klingt ja viel schöner, wenn so ein „Senior“, „Head of“ oder sonst irgendetwas, was auf Rang und Würden hinweist, vor der Berufsbezeichnung sitzt. Stimmt’s?

Ich finde: Nein. Stimmt nicht.

Ich bin nicht mein Jobtitel

Denn mich, uns, jeden einzelnen Menschen, macht nicht nur ein Job und schon gar kein Jobtitel aus, auch keine Position, die auf die Höhe der Sprosse unserer Karriereleiter schließen lässt und noch nicht einmal Abschlüsse, mit denen wir unsere E-Mail-Signaturen schmücken können oder ein besonders prestigeträchtiges und bekanntes Unternehmen, in dem wir tätig sind.

Ich würde sogar so weit gehen, zu sagen, dass mich diese Dinge überhaupt nicht ausmachen. Natürlich, sie gehören dazu und stellen Erfahrungen auf dem Weg zu meinem heutigen Selbst dar. Schließlich habe ich mich durch die Schule gequält (nein, Latein und Chemie waren wirklich kein Spaß für mich) und ein Studium abgeschlossen, das auch nicht ganz ohne war, während ich immer fleißig Praxiserfahrung gesammelt habe. Aber ein Studienabschluss oder Jobtitel ist nicht das, was ich bin. Schließlich ist man ja auch noch lange keine Prinzessin, bloß wenn man für Disney arbeitet. Ach Moment, da ist er wieder, der Titel. Bezogen auf den Job geht es doch vielmehr darum, wofür man brennt und mit welchem Eifer man bei der Sache ist. Ein Titel bedeutet nämlich nicht, dass die Arbeit besonders gut, schnell oder gründlich erledigt wird.

Ich strebe, also bin ich

Nun ist es bei weitem nicht so, dass das schon seit jeher meine Einstellung ist. Ich war immer – ganz besonders zu Schul- und Studienzeiten – der Meinung, ich müsse vorne mitspielen, um später mal so richtig erfolgreich zu sein. Was auch immer Erfolg bedeutet. Und ich kann sagen: Heute heißt es etwas gänzlich anderes für mich als früher. Ich war davon überzeugt, ich müsste mich mit einem 1er Abschluss schmücken, um später einmal eine jener hochdotierten und wohlklingenden Positionen zu bekleiden, in denen ich mich neben meinem Namen auch mit einem tollen Titel vorstelle und ganz nebenbei noch auf einen 1er Masterabschluss, diverse Zusatzqualifikationen und eine Publikation hinweisen kann.

Doch nichts davon sagt etwas darüber aus, wer ich bin, was für ein Mensch hinter diesen Titeln, Abschlüssen und Auszeichnungen steckt, welche Werte ich vertrete, welche Einstellung ich zum Leben habe. All das sagt noch nicht einmal etwas darüber aus, was ich kann, welche Themen mich wirklich beschäftigen und wofür ich brenne. Allenfalls lassen sich Rückschlüsse darauf ziehen, ob ich ehrgeizig und fleißig war und wofür ich mich im weitesten Sinne beruflich interessiere.

Es war ein weiter Weg bis hierhin, war ich doch schon in der Schule das Kind, das lieber mal vorsichtshalber noch eine Zusatzaufgabe gelöst hat, um sich den Titel „Klassenbeste“ zu verdienen, statt auf dem Kindergeburtstag mit den anderen Halbwüchsigen Topfschlagen zu spielen – ich strebe, also bin ich.

Personal Brand: Was zählt ist deine Geschichte, nicht dein Titel

Ok, könnte man jetzt sagen. Vielleicht spielen Position, Jobtitel und all die anderen Dinge, die mit unserem Beruf zusammenhängen im Privaten eine weniger große Rolle, auch wenn wir uns auch hier oft mit Namen, Alter und Berufsbezeichnung vorstellen, eben so als würden uns genau diese Attribute definieren.

Aber im Berufsalltag, da müssen sie doch wichtig sein. Da muss ich doch zeigen, wie toll ich bin. Muss ich? Und wenn ja, zeige ich das dann damit, dass mir jemand eine Master-Urkunde überreicht oder einen tollen Jobtitel verliehen hat?

Ich bin der Meinung, selbst wenn man sich im beruflichen Kontext beschreiben will, sich einem Kollegen, potenziellen Arbeitgeber oder einem neuen Kontakt in seinem Netzwerk vorstellen möchte, zählen nicht Position, Hierarchiestufe oder Auszeichnungen.

Was zählt, sind die Themen für die man brennt, Erlebnisse, Erfahrungen und Begegnungen, die einen geprägt haben und ja, auch Hobbys und private Interessen. Was zählt, ist die persönliche Geschichte, die Story, die wir zu erzählen haben. Denn genau die macht uns einzigartig, macht uns zu dem, was wir sind und hebt uns von anderen ab.

Menschen erinnern sich nicht an meinen Titel, es sei denn vielleicht, ich wäre die Queen von England oder – je nach Klientel – die aktuelle Gewinnerin von Germanys next Topmodel. Menschen erinnern sich an Geschichten, die sie bewegen. Das gilt für das Branding von Marken genauso wie für die ganz individuelle Personenmarke – die Personal Brand. Dabei kann ich meinen Titel, meine Position und das Unternehmen, für das ich arbeite, natürlich unterbringen, insbesondere wenn es meine Geschichte ausmacht. Ich muss es aber nicht.

Mein Weg zur Erkenntnis: Reisen mit all seinen Facetten

Dass Titel und Positionen nicht wichtig sind, dass es vielmehr darum geht, oder gehen sollte, welche Überzeugungen und Werte wir haben, was uns wirklich interessiert, was unsere Leidenschaft ist, wofür wir leben wollen, was wir am Ende unseres Lebens bereuen würden, das erlebe ich immer wieder auf Reisen. Ja, reisen bildet, erweitert den Horizont und lässt uns über uns hinauswachsen.

Immer dann, wenn unterschiedliche Menschen aus unterschiedlichen Ländern, mit verschiedensten sozialen Hintergründen und Bildungsstufen, den unterschiedlichsten Backgrounds und Lebensweisen aufeinandertreffen, werden Titel irrelevant, Gespräche tiefsinnig und Werte wichtig. Dann geht es um den Kern, darum wer wir wirklich sind, was uns in unserem tiefsten Inneren ausmacht. Und nur allzu oft fällt mir danach auf, dass ich eine Person an einem Abend besser kennengelernt habe als viele Bekannte über die letzten Jahre – ganz ohne ihren Jobtitel und manchmal sogar ohne jemals ihren Namen zu erfahren.

Ich bin Lisa, eine Globetrotterin, die das Rauschen des Meeres und die Stille der Berge liebt, jederzeit ein Zelt einem 5-Sterne-Hotel vorzieht und zu Höchstform aufläuft, wenn sie sich in ein PR- oder Marketingthema so richtig reindenken darf. Völlig egal, ob ich eine Kommunikationsstrategie erarbeite oder Texte schreibe, die Astrophysik für Menschen, die nach den Sternen greifen wollen, verständlicher machen.

Langeweile ist nichts für mich – weder beruflich noch privat. Ich bin ein Allrounder und finde das mittlerweile sogar richtig gut, obwohl ich früher dachte, dass Generalisten alles ein bisschen aber eben nichts so richtig können. Weit gefehlt. Ich liebe einfach die Abwechslung und das Abenteuer. Deshalb kann man mich genauso gut dabei antreffen, wie ich eine Schrankfront für unseren Camper zusäge und anpinsele, an einem Bungee-Seil von einer Brücke springe, über dem perfekten Kommunikationskonzept brüte oder in die Tasten haue, um einen neuen Artikel zu schreiben. Das alles mache ich am liebsten an den unterschiedlichsten Orten der Welt. Denn ich finde, sie ist einfach zu groß und zu großartig, um das Leben zu Hause zu verbringen. Auch deshalb ist unser selbstausgebauter Camper nicht nur ein Auto für mich, sondern ein Familienmitglied, das mich dabei unterstützt, meine Träume zu verwirklichen, weil es mich an die schönsten Orte der Welt bringt.

Einen Jobtitel? Habe ich auch. Der macht mich aber weder besser noch schlechter in dem, was ich tue. Vielleicht sollten wir uns also mehr auf uns selbst konzentrieren, herausfinden wer wir wirklich sind und Titel Titel sein lassen.

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