Nimm mir meinen Nachnamen aber nicht meine Steuerklasse

Geld Herz

Wer glaubt, dass mit einer Steuerklasse keine Emotionen verknüpft sind, täuscht. Denn ich gebe zu: Liebe Steuerklasse, ich hänge an dir. Auch wenn das bedeutet, dass aktuell rund 40 Prozent meines Bruttoeinkommens für Steuern und Sozialabgaben draufgehen.

Die Steuerklasse ist ja so ein Thema, das man sein Berufsleben lang einfach als gegeben hinnimmt. Klar kann man sich darüber beschweren, wie ach so viel einem Vater Staat doch aus der Tasche zieht – und das tun ja auch viele. Warum aber so viel Energie verschwenden? Zu ändern ist es nun mal nicht.

Bis, ja bis dann eine Hochzeit ansteht und eben die Frage aufkommt, welche Steuerklasse denn gewählt werden soll. Nun könnte man natürlich stillschweigend hinnehmen, dass anstelle der Steuerklasse I automatisch die Steuerklasse IV auf dem Zettel beider Ehepartner steht. Es gibt aber eben auch noch andere Möglichkeiten. Also macht man sich als Paar auf die Suche nach Optimierungspotenzial. Schließlich ist jetzt die Stunde des kleinen Mannes und der kleinen Frau gekommen, das ganze Konstrukt einmal zu überdenken, um monatlich zunächst einmal so viel wie möglich vom erarbeiteten Geld selbst behalten zu können.

Steuerklasse V ist oft für die Frau reserviert

Eine Möglichkeit ist eben beispielsweise auch, dass einer der Partner in Steuerklasse V wechselt, während der andere Steuerklasse III für sich beanspruchen kann. Der schlechter verdienende Part – selbstredend ist das oft die Frau – wechselt hier in Steuerklasse V, die mehr Abzüge bedeutet, während der Besserverdiener am Ende mehr Netto vom Brutto übrig hat als bisher. „Normal“, könnte man sich da denken. War es ja auch viele Jahre lang, vor allem in den Generationen unserer Eltern und Großeltern.

Für die Wahl der Steuerklassen kommt es übrigens auch darauf an, wie groß die Differenz zwischen den beiden Gehältern ist. Also ging die Rechnerei bei uns los. Ein paar hundert Euro weniger würde Steuerklasse V für mich bedeuten, was dadurch ausgeglichen würde, dass der Mann eben jene paar hundert Euro plus ein kleines x mehr Netto hätte. Same, same. Insgesamt wäre die Differenz also nicht die Welt und eigentlich auch kein Grund, irgendwas am automatisch einsetzenden Modell IV/IV zu ändern.

Und grundsätzlich wäre es ja so, dass wir zwar im Monat erst einmal mehr Geld zur Verfügung hätten (wenn auch nur ein bisschen). Am Ende des Jahres würden wir allerdings Steuern nachzahlen. Genauso würden wir umgekehrt, wenn wir beide Steuerklasse IV haben und entsprechend monatlich mehr Steuern zahlen, eben am Ende wohl eine Rückerstattung bekommen. Dennoch haben wir auch über die Aufteilung III/V nachgedacht.

Was dein ist, ist auch mein

Nun ist eine Ehe ja eine Gemeinschaft, in der man nicht nur Tisch und Bett teilt, sondern oft auch das liebe Geld. Völlig in Ordnung und zwar ganz unabhängig davon, wer mehr davon mit nach Hause bringt. Läuft ja oft dann sowieso auf ein Konto: „Was dein ist, ist auch mein. Und was mein ist, geht dich nichts an“, wie meine Oma mit einem Augenzwinkern zu sagen pflegte. Wer mehr verdient ist theoretisch egal, wenn am Ende sowieso alles zusammengeworfen wird. Da darf ich mir sicherlich die neuen Schuhe (um mal bei den gängigen Klischees zu bleiben) trotzdem kaufen, auch wenn sie nicht von „meinem“ Lohn bezahlt werden. Dürfte ich auch und ich müsste nicht einmal lieb fragen. Ist ja schließlich trotzdem auch meine Kohle. Doch das ist nicht der Punkt.

„Ich nehm sicher nicht die V“

Mir persönlich ist ja erschreckenderweise fast egal, welche Farbe die Deko in der Hochzeitslocation hat, welche Musik der DJ auflegt oder welche Blumen ich mit mir herumtrage. Dafür bin ich halt umso wilder darauf, meine Steuerklasse zu behalten.

Warum aber stell ich mich so an und beende Diskussionen bezüglich der Steuerklassenproblematik mit „ich nehm sicher nicht die V“? Immerhin haben sich viele schlaue Leute in Bezug auf die Steuerklassen und auch das Ehegattensplitting tatsächlich etwas gedacht und viele Paare sind dankbar für die Möglichkeit, im Monat insgesamt mehr auf dem Konto zu haben, als das im unverheirateten Zustand der Fall war. Auch wir könnten vielleicht schick Essen gehen, vom vermeintlich gesparten Steuergeld. Nett.

Verheiratet mit Nebenverdienst: für mich die Diskriminierung schlechthin

Selbstverständlich könnte ich mich auch einfach in mein Schicksal Steuerklasse V oder – wie das meine Brutto-Netto-App so schön deklariert – „Verheiratete mit Nebenverdienst“ fügen. Ich bin dann zwar „Verheiratete“ aber, warum sollte denn mein Job, in dem ich genauso 40 Stunden in der Woche Vollzeit arbeite, nur als „Nebenverdienst“ angesehen werden. Nebenverdienst klingt schon so als würde man das Geld nicht zwingend brauchen. Und selbst wenn das so wäre. Nebenverdienst, ein nettes Schmankerl, damit Frauchen beschäftigt ist? Ein Wechsel der Steuerklasse in III und V statt IV/IV hätte einen enormen psychologischen Effekt und würde für mich schon die bloße Diskriminierung darstellen. An dieser Stelle sei übrigens gesagt: Das wäre es nicht nur, wenn Frau in die vermeintlich schlechtere Steuerklasse wechseln würde.

Gehe nicht über Los. Ziehe nicht das Nettogehalt ein, das dir die ganze Zeit Wohnung, Essen und Urlaub bezahlt hat. Gehe in das Gefängnis. Begib dich direkt dorthin. Verzeihung – mein Hang zum Dramatischen geht bei dem Thema etwas mit mir durch.

Ist meine Arbeit ab sofort weniger wert?

Es ist nun einmal so. Selbst wenn auf einem gemeinsamen Konto insgesamt genauso viel Geld landen würde wie vorher – oder sogar mehr – stünde auf meinem Gehaltszettel ein um einiges geringerer Nettobetrag. Ein Betrag der mir verkauft, dass meine Arbeit ab sofort, quasi mit der Hochzeit, weniger wert ist. Ich wäre denn eben nur noch „Verheiratete mit Nebenverdienst“, während der Mann „Verheirateter Alleinverdiener“ ist, um es mit den Worten meiner Brutto-Netto-App zu sagen, um mal korrekt zu bleiben, eben derjenige, dem mehr Gehalt ausgezahlt wird.

Mit dem Wechsel der Steuerklasse fühle ich mich um meine Ausbildung und all das betrogen, was ich in den letzten 25 Jahren geleistet habe, seit ich mit Zahnlücken, Schultüte und einer unsäglichen Kombination aus grünem Rollkragenpullover, karierter Weste und kurzer roter Hose das Klassenzimmer der 1c betreten habe: 1er Abi, 1er Bachelor, 1er Masterabschluss (ja, ich bin ein Streber), Bewerbungsgespräche, Seminare, Weiterbildungen, Gehaltsverhandlungen.

Diskussionen zu einem möglichen Steuerklassenwechsel, die meine bessere Hälfte anfangs noch mit „wenn es am Ende was bringt, können wir das ja machen“ begann, werden heute nicht mehr geführt. Er weiß halt auch einfach, wann es besser ist, die Klappe zu halten. Es würde nämlich am Ende nichts bringen. Zum einen rein rational betrachtet: Am Jahresende bekommen wir – egal in welcher Steuerklasse – zurück, was zu viel gezahlt wurde oder zahlen eben nach, was zu wenig entrichtet wurde. Zum anderen ist da die emotionale Komponente. Denn das Thema bedeutet für mich so viel mehr, nämlich die – wenn auch nur gefühlte – Wahrheit, die sich hinter der Eingruppierung III/V für mich verbirgt. Und für den Mann geht es sicherlich auch darum, den lieben Frieden zu Hause zu wahren.

Photo by Mitchell Luo on Unsplash

One thought on “Nimm mir meinen Nachnamen aber nicht meine Steuerklasse

  1. Erich says:

    Liebe Lisa,
    nimm Steuerklasse IV, bleib hart.
    Liebe Grüsse

    PS
    sollten sich Gegebenheiten ändern, z. b. ein neuer Job mit doppeltem Gehalt für dich, dann redet wieder darüber …..

    PS PS
    euer eigentliches Ziel formulieren nicht vergessen, keine Steuern zahlen ….

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