Akrobatische Stunts auf den Wellen, 10 Meter hohe Sprünge, über einem der Kite, der vom Wind getragen wird und unter einem das weite Meer. Ein Gefühl von Freiheit, das Adrenalin rauscht durch die Adern, du fliegst wie ein Vogel. So fühlt sich Kite-Surfen an. Bei den Profis.
Unmengen Wasser im Gesicht, Salz das in den Augen brennt, der Nacken steif vom hochschauen. So fühlt sich Kite-Surfen bei uns an. Nichtsdestotrotz hat es riesigen Spaß gemacht und es ist ja bekanntlich noch kein Meister vom Himmel gefallen. Höchstens ein Kite-Anfänger, den der Wind zu hart erwischt hat.
Ein gewisses Grundtalent für’s Kite-Surfen ist vorhanden
Ganz so schlimm war es bei uns allerdings nicht. Denn uns wurde von unserem Kite-Lehrer Danilo durchaus ein gewisses Talent bescheinigt. Da kommt dann gleich noch ein Gefühl von Stolz hinzu. Gut, das Haupt kann man halt wegen des steifen Nackens nicht mehr ganz so hoch recken. Aber was soll’s.
Dass wir in Montenegro einen Kite-Kurs besuchen würden, hätten wir vor unserer Reise auch nicht gedacht. Aber man nimmt es eben wie es kommt. Und uns kam die Kite-Schule Ka’banya in den Weg. Wir waren nur auf der Durchreise und haben nach einem Platz für eine Nacht gesucht, an dem Aknes und wir uns ein wenig Ruhe gönnen können. Bestenfalls noch mit Blick auf das Meer und einer kleinen Bar mit kühlen Getränken. Genau diesen Ort haben wir gefunden und sind geblieben. Für geschlagene sechs Nächte.
Ka’banya Kite-Surf Schule: Vom Anfänger zum Profi – oder so ähnlich
In der Nähe von Ulcinj im Süden Montenegros sind wir also über die App Park4Night auf die Ka’banya Kite-Surf Schule gestoßen. Beim Kite-Surfen steht man auf einer Art Surfbrett, hängt an einem überdimensionierten Drachen und versucht, mit dessen Hilfe elegant übers Wasser zu gleiten und akrobatische Sprünge hinzulegen. In der Theorie zumindest. Und die Profis schaffen das auch ganz locker und sehen dabei einfach auch noch verdammt cool aus.
Wir mussten allerdings erst einen Kurs besuchen, um den Kite überhaupt in luftige Höhen zu steuern. 12 Stunden waren dafür angesetzt, von der ersten kurzen theoretischen Einweisung bis zu dem Moment, in dem man sich von seinem Kite über das Wasser ziehen lässt.
Obwohl wir ja eigentlich nur eine Nacht bleiben wollten, hatten wir uns bereits am ersten Abend dafür entschieden, einen Kite-Kurs zu buchen. 300 Euro pro Person erschien uns zu diesem Zeitpunkt zwar nicht gerade billig. Aber das war’s wert. In Griechenland sollten wir dann übrigens feststellen, dass 300 Euro ein spitzen Preis sind.
Meerwasser als Erfrischungsgetränk
Der erste Kurstag begann damit, dass wir den Kite am Strand halbwegs unter Kontrolle bringen sollten. Gar nicht mal so einfach, wenn so ein Teil 9m2 misst. Geklappt hat es trotzdem irgendwann, sodass wir unseren Kite mehr oder weniger elegant von 10 Uhr auf 3 Uhr und wieder zurück lenken konnten. Den Trockenübungen folgten dann die Übungen im Wasser. Gleich noch mal ein ganz anderes Gefühl, wenn man auch noch in den Fluten steht. Je nachdem, ob diese dann doch eher knapp über dem Knie oder unter dem Kinn enden, gibt’s lecker Meerwasser als Erfrischungsgetränk gratis dazu.
Da sollte man meinen, wir hätten also über den Tag genügend Flüssigkeit zu uns genommen. Doch das ein oder andere Bier haben wir uns nicht nehmen lassen, um auf unsere ersten kleinen Erfolge anzustoßen. Glücklicherweise waren wir in guter Gesellschaft. Die Schweizer Selina und Chris haben sich mit ihrem Camper ebenfalls am Kite-Strand niedergelassen, sodass auch unsere Abende und die windstillen Tage ein Vergnügen waren. Nicht nur, weil Schwyzerdütsch einfach wahnsinnig lustig klingt (Hochdeutsch können sie auch, sonst hätten wir ja nichts verstanden). Spätestens als sie uns erzählt hatten, dass sie schon seit neun Tagen hier sind, hätten wir hellhörig werden müssen. Ein Ort, an dem man einfach versumpfen kann. Übrigens im wahrsten Sinne des Wortes. Denn der Sand schluckt gerne den ein oder anderen Camper, sodass nur noch Muskelkraft hilft, um wieder vom Fleck zu kommen. Dieses Schicksal blieb uns aber glücklicherweise erspart.
Zum Kiten braucht man leider Wind
Am Tag Nummer drei – am zweiten Tag herrschte Windflaute – ging es dann munter weiter mit dem Kiten. Bodydrag war die Lektion des Tages. So sind wir am Kite hängend durchs Wasser geflitzt und haben das halbe Ionische Meer ausgetrunken. Wir hatten einen heiden Spaß, waren aber nach drei Stunden fix und alle. Da wird es dann selbst im Neoprenanzug ein wenig frisch um die Beinchen.
Nur noch eine letzte Übung hat uns gefehlt, bevor wir uns das Brett endlich unter die Füße schnellen konnten. Doch dann: Kein Lüftchen mehr, das den Kite dazu bewegen konnte, uns auf den Fluten zu halten. Warten auf den Wind war also angesagt. Es gibt definitiv schlechtere Orte als eine Strandliege unter einem Sonnensegel, um einfach mal abzuwarten. Doch die Reise sollte ja weitergehen.
Die Segel vorerst gestrichen aber das war’s noch nicht
Nach zwei weiteren Tagen konnte uns auch der schönste Strand und die beste Gesellschaft nicht mehr an Ort und Stelle halten. Zu viel wollten wir noch sehen, zu viel erleben. Denn uns war klar: drei Monate würden wie ein Wimpernschlag vergehen. Nachdem auch für die nächsten Tage kein Wind vorhergesagt wurde, der fürs Kiten genügen würde, haben wir also unsere Siebensachen gepackt und uns in Richtung Albanien aufgemacht. So haben wir es leider nicht auf 12 Stunden Kite-Surfen gebracht, sondern nur auf die Hälfte. Aber es gilt: Aufgeschoben ist nicht aufgehoben.
Und so sind wir – fast am Ende unserer Reise – wieder in Montenegro gelandet und hoffen darauf, dass uns der Windgott dieses Mal gewogen sein wird, damit wir endlich wie die Profis den Adrenalinrausch und den Wind in den Haaren spüren während wir auf dem Brett über das Wasser gleiten.