Albanien deine Straßen – zwischen Faszination und Todesangst

Albanien Bergstraße

Was mir als Erstes einfällt, wenn ich an unsere Reise durch Albanien denke? Schotterpisten, Serpentinen, todbringende Abhänge. Nicht umsonst stehen in Albanien gefühlt alle hundert Meter Erinnerungstafeln an Verstorbene, denen genau diese Abhänge zum Verhängnis wurden. Doch solche Straßen machen wohl auch einen Teil des Reizes aus, wenn man auf einem Roadtrip durch das Balkanland unterwegs ist.

Albanien Straße Fluss

Nur auf solchen Straßen gelangt man ins albanische Hinterland. Hält man sich nur an der Riviera auf, kann man zwar das atemberaubend türkisblaue Wasser genießen und die Tatsache, dass der Tourismus in Albanien noch nicht ganz so viele Spuren hinterlassen hat wie in Kroatien oder Montenegro. Doch dann würde man verpassen, was Albanien ausmacht: Weite Olivenhaine, wilde Gebirgsflüsse, unberührte Natur. Kein Wunder, man kommt halt auch einfach nur schlecht hin mit dem Auto.

Genügend Zeit in Albanien einplanen

Für Albanien braucht man Zeit. Das liegt eben genau an den Straßenverhältnissen. Es ist schon des Öfteren vorgekommen, dass wir für eine Strecke von 50 Kilometern 3 Stunden benötigt haben. Da lacht man anfangs noch über Google und die berechnete Fahrzeit. Aber auch nur so lange, bis man sich auf der Buckelpiste befindet, auf der durchaus die Möglichkeit besteht, dass ein Reifen nahezu komplett in einem Schlagloch verschwindet.

Rechts der Steilhang, links der Abgrund

Albanien Straße Testlauf

Hab ich Blut, Schweiß und Tränen geschwitzt, obwohl ich noch nicht mal selbst fahren musste? Aber sowas von. Hatte ich einmal sogar Todesangst, als die Kurven immer enger und der Abhang immer steiler wurde, während sich auf dem Weg immer mehr Schotter und Geröll türmte? Aber hallo. Besonders verzwickt in dieser Situation war, dass wir weiterfahren mussten, weil es eben erst einmal keine Möglichkeit zum Wenden gab. Mit jedem Meter wurde der Weg schlechter.

Wäre uns ein Auto entgegengekommen – was nicht der Fall war, weil vermutlich kaum ein anderer so bescheuert ist und diesen Weg mit etwas anderem als einem Esel zurücklegt – würden wir heute noch irgendwo in Albanien stehen. Ein 2 Meter breites Auto auf einer 2,30 breiten Straße. Rechts neben uns die Steilwand, direkt zu unserer linken Seite ein mehrere hundert Meter tiefer Abgrund und unter uns Kieselsteine über Kieselsteine. Da kann es einem wirklich anders werden.

Wenden am Abgrund in 28 Zügen

Albanien StraßeAber es blieb ja nichts übrig als weiterfahren und zu hoffen, dass sich hinter der nächsten Kurve eine Autobahn auftut. Das war natürlich nicht der Fall. Allerdings kam tatsächlich eine Wendemöglichkeit, sofern man das denn so nennen kann. Denn den 6-Meter Camper auf einer circa. 5 Meter breiten Fläche zu wenden, ist durchaus eine Herausforderung. Dass es hier keine Leitplanken gibt, die einen Sturz bremsen würden, muss ich an dieser Stelle wohl kaum erwähnen. So ein Wendemanöver funktioniert nur mit vereinten Kräften. Ich also ausgestiegen (hatte ja nach einer kleinen Panikattacke sowieso gerade Frischluft nötig), der Mann hinter dem Steuer. Nun ist es ja ein leichtes, auf einer asphaltierten Straße zu wenden – Abhang hin oder her. Sinken die Reifen allerdings im Schotter ein, muss man Gas geben, um voranzukommen.

Nur halt nicht zu viel. Sonst geht’s über den Abhang hinaus, was den Albanern noch eine zusätzliche Gedenktafel beschert hätte. Und davon haben sie ja weiß Gott genügend. In kleinen Schritten ging es voran: Gas, „Halt!“, „Einschlagen!“, „Gas!“, „Stop!“, „Andersrum einschlagen“, „Noch ein bisschen!“, „Zurück!“, „Stooooop!“, „Auf keinen Fall weiter!“ Wer mal einen Kurs haben möchte, den es in keiner Fahrschule gibt, kann also nun getrost auf unser Expertenwissen zurückgreifen: Wenden am Abgrund in 28 Zügen.

Schlechte Straßen gehören in Albanien einfach dazu

Die meisten Straßen, die wir in Albanien befahren haben, waren nicht ganz so schlimm. Meistens gibt es Ausweichstellen, an denen man selbst oder das Gegenüber anhalten kann, wenn doch einmal Gegenverkehr kommt. Woran man sich eben gewöhnen muss, sind die unzähligen Schlaglöcher, Schotter und Abhänge ohne Begrenzung.

Kühe in Albanien

Dafür begegnet man auch von Zeit zu Zeit einer freundlichen Kuhherde oder ein paar  Schäfchen, die auf einer der saftigen Wiesen grasen. Zumindest tun sie das, wenn man Glück hat. Andernfalls stehen sie nämlich mitten auf der Straße. Aber dann hat man immerhin mal Zeit ein wenig durchzuatmen und die Landschaft um sich herum zu genießen.

Autobahnen hat Albanien allerdings auch. Das heißt aber noch lange nicht, dass hier keine Löcher im Boden sind oder die Straße nicht einfach nach 5 Kilometern aufhört. An der albanischen Riviera sind die Straßen um ein Vielfaches besser als im Hinterland. Das ist sicherlich auch dem Tourismus geschuldet, der sich langsam aber sehr sicher auch Albanien krallt.

Wer also Albanien so richtig erleben möchte, ab ins Hinterland! Lenkrad festhalten, Bandscheiben noch mal ausschütteln und los geht die Kutschfahrt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.