Was ist eigentlich meine Definition von Erfolg? Das habe ich mich neulich gefragt und keine eindeutige Antwort gefunden. Dabei scheint es so einfach. Erfolg ist, eine Karriere zu haben, die durch die Decke geht, jährlich mehr Geld auf dem Gehaltscheck vorzufinden, damit man sich ein schickes Haus, dicke Autos, die ein oder andere Markenklamotte und einen teuren Urlaub im Luxusresort leisten kann. Insgesamt ist man sicher erfolgreich, wenn beim Blick über den Gartenzaun der nachbarliche Rasen nicht grüner ist als der eigene. So dachte ich.
Nun habe ich mir noch nie viel aus dicken Autos und schon gar nichts aus Klamotten gemacht, auf denen ein Label gedruckt ist, das den hohen Preis rechtfertigen will. Meinen Urlaub verbringe ich lieber im Hostel oder Zelt als in einem 5-Sterne-Hotel und selbst die Vorstellung von einem großen Haus lässt mich nicht in Jubelschreie ausbrechen. Wozu auch? Zu viel Fläche, die geputzt werden will.
Ja, ich hab gerne Geld
Doch ist es eben so, dass ich trotzdem gerne Geld habe – gerne auch viel Geld. Ich habe sogar festgestellt, dass es immer einen Gehaltsbetrag x gab und auch noch gibt, den ich unbedingt erreichen möchte. Der verschiebt sich selbstredend immer weiter nach oben. In meiner Vorstellung bin ich erfolgreich, wenn ich eine leitende Position habe, ein gut gefülltes Depot und immer genügend Geld auf dem Konto, einfach um zu wissen, ich könnte mir rein theoretisch Dinge leisten, die ich eigentlich weder brauche noch will. Nur weiß ich leider gar nicht so genau, warum das so ist. Liegt es an erlernten Mustern und traditionell geprägten Denkweisen, die vermeintlich gesellschaftlich erwartet werden? Getreu dem Motto: „Haste was biste was! Haste nichts biste nichts!“ Das haben schon Tic Tac Toe gewusst (ja ich bin eben ein Kind der 90er und ja, ich hab einen schrägen Musikgeschmack). Zeit also, die Erfolgssache noch einmal zu überdenken und neu zu definieren.
Einmal die eigenen Werte sortieren, bitte
Was will ich also wirklich erreichen? Was treibt mich an? Welche Werte sind mir wichtig? Meine Antwort darauf ist im Prinzip recht simpel: Unabhängigkeit und Freiheit. Dazu gehört für mich nicht, die Freiheit zu haben, mit meinem 300 PS Auto in den Wellness-Urlaub nach Sankt Moritz zu brettern. Es bedeutet auch nicht, mir einen faulen Lenz zu machen, weil ich genügend Geld habe, um nicht mehr arbeiten zu müssen.
Freiheit bedeutet für mich, dort arbeiten zu können, wo ich gerade sein möchte, mich am Abend auf einer Veranda vor meinem kleinen Häuschen oder auf einem Klappstuhl vor meinem Campervan mit einem Glas Rotwein niederzulassen und auf Meer, Berge oder Wiesen zu schauen. Freiheit bedeutet für mich, am Lagerfeuer zu sitzen oder in einer Hängematte zu liegen oder am Strand spazieren zu gehen, wenn mir gerade danach ist. Das sind jetzt nicht notwendigerweise Dinge, für die man im Lotto gewinnen oder einen hochdotierten Managerposten haben muss.
Haste was, biste was – oder doch nicht?
Also weiter überlegt: Warum muss es dann immer weiter nach oben gehen auf der Karriereleiter? Was hätte ich von einer leitenden Position mit vielen Angestellten? Die Antwort ist am Ende des Tages vermutlich nicht, dass es mich erfüllen würde, sondern, dass ich die Vorstellung habe, dann etwas oder jemand zu sein, etwas Besseres, jemand der eben etwas erreicht hat, zu dem man aufschauen kann und eben auch jemand, der vermutlich mehr Geld verdient als der Otto Normalbürger. Sonst hätte ich auch das Gefühl, mein Studium hätte sich nicht gelohnt. Da ist es wieder: Das liebe Geld.
Warum ist also Geld so wichtig, obwohl ich mir davon weder das neuste Smartphone noch die Gucci oder Louis Vuitton Tasche kaufen will. Die Tatsache, dass ich nicht weiß, welcher Markendesigner gerade angesagt ist und mir neben Gucci und Louis Vuitton (von denen ich einen bezüglich der richtigen Schreibweise lieber erst noch einmal gegoogelt habe) spontan auch gerade nicht viele Marken einfallen, zeigt ja schon, dass ich mein Geld dafür sicher nicht ausgeben würde.
Geld bedeutet Sicherheit
Wofür also dann? Für Erlebnisse, für Reisen – ich schreibe bewusst nicht für Urlaube – für Begegnungen mit anderen Kulturen und Menschen. Genau dafür. Muss das teuer sein? Nicht zwingend. Ich reise günstig aber eben auch gerne und viel. Da kann schon etwas zusammenkommen. Nun gut. Was also noch? Sicherheit. Ja Sicherheit ist ein wichtiges Thema. Eben auch die finanzielle Sicherheit. Die Vorstellung, dass die Rente nicht reicht – und wir alle wissen, dass die gesetzliche Rente nicht reichen wird – treibt mich oft dazu, zu glauben, dass ich Haus, Hof und Hängematte (hab ich übrigens alles nicht) verkaufen muss, damit ich im Alter nicht unter einer Brücke nächtigen muss. Ich leg am Ende des Monats gerne Geld zurück – gerne viel Geld, weil mir das ein gewisses Gefühl von Sicherheit verschafft und mich beruhigt.
Freiheit und Sicherheit – widerspricht sich das nicht?
Mir sind bei meinen Überlegungen also zwei Dinge aufgefallen, die mir wichtig sind: Freiheit und Sicherheit. Das mag sich auf den ersten Blick widersprechen, muss es aber nicht zwingend. Denn ich möchte meinen sicheren Job ja gar nicht aufgeben, um durch die Weltgeschichte zu gondeln. Die nötige Flexibilität im Arbeitsmodell ist wiederum schon wünschenswert und fast eine Voraussetzung, dass es mit der Freiheit, wie ich sie definiere, auch klappt. Dank der New Work Bewegung und moderner Technik stehen die Zeichen aber auf Wandel und damit gar nicht so schlecht, dass das früher oder später möglich ist von überall zu arbeiten – und das dann auch nicht auf Kosten der finanziellen Sicherheit geht.
Die Frage sollte nicht lauten „Was ist Erfolg?“
„Was ist Erfolg?“, ist am Ende die falsche Frage. Die Antwort, die der Duden hierzu liefert, ist übrigens „positives Ergebnis einer Bemühung; Eintreten einer beabsichtigten, erstrebten Wirkung“. Die richtige Frage ist also vielmehr: „Welche Wirkung erstrebe ich?“ oder eben „Was ist Erfolg für mich?“
In Bezug auf die Arbeitswelt habe ich sofort das Bild eines Managers – übrigens tatsächlich zunächst einmal eines männlichen Managers – im Kopf. So viel also zu erlernten Mustern und traditionell geprägten Denkweisen. Doch wenn ich mir überlege, wen ich bewundern oder vielleicht sogar beneiden würde, wäre das sicher nicht der Manager, der über 12 Stunden täglich arbeitet, dafür zwar ein prall gefülltes Bankkonto hat aber keine Zeit, um es – nach meiner Definition – sinnvoll auszugeben.
Losgelöst von alten Mustern darf ich wohl nicht nur den beruflichen Kontext betrachten, sondern muss anders ansetzen. Dann ist für mich jemand erfolgreich, der genau das aus seinem Leben gemacht hat, was er sich vorgestellt hat, Träume erfüllt, die er schon immer leben wollte. Konkreter: Jemand, der in einem Campervan durch die Gegend fährt, dort anhält, wo es ihm gefällt und von dort aus einer Arbeit nachgehen kann, bei der er zwar nicht die Verantwortung für eine Horde Angestellter hat und auch nicht zwingend ein sechsstelliges Jahresgehalt einstreicht, die ihm aber Spaß macht. Vielleicht sieht das in fünf Jahren ein wenig anders aus. Vielleicht definiere ich dann jemanden als erfolgreich, der vor seinem Häuschen im Grünen im Garten werkelt oder entspannt den Kindern zusieht, wie sie auf der Schaukel spielen. Das Prinzip bleibt aber das gleiche.
Letztendlich muss Erfolg also gar nicht mit einer steilen Karriere zusammenhängen. Die wäre allenfalls Mittel zum Zweck, um Freiheit und Sicherheit zu kaufen. Erfolg ist ganz einfach: das Leben führen zu können, das einen erfüllt, glücklich und zufrieden macht.
Photo by Clark Tibbs on Unsplash
Servus ihr zwei,
schön geschrieben. Erfolg muss tatsächlich jeder selbst für sich definieren. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass sich genau diese Sichtweise einer stetigen Veränderung unterzieht. Und das ist auch gut so. Denn nur so entwickelt man sich auch weiter.
Aber ohne Geld, gehts halt leider auch nicht um seine Ziele, Träume, Wünsche oder was auch immer zu ermöglichen. Ich vermute das Euer Geld ausreichend ist für das was ihr vorhabt. Zumindest liest es sich für mich so, was auch nicht schlimm ist.
Würde man solche Gedanken von einem verfassen lassen, der monatlich gerade so um die Runde kommt, dann wüsste ich schon wie der Text lauten würde. Ich hatte diese Zeit schon und bin froh und dankbar, dass ich das nicht mehr habe. Dankbar bin ich aber dennoch für diese Zeit, da ich weiß mit wie wenig man auskommen kann wenn man muss. Schön hingegen ist was anderes.
Und schon schließt sich der Kreis wieder und es geht ums Geld :-).
Hast keine Kohle, kannst Dir kein Auto kaufen, kannst nicht reisen, hast keine Sicherheit, hast keine Freiheit (in Verbindung mit reisen) usw. usw.
Ich definiere stand heute meinen Erfolg an meinen selbst gesteckten Etappenzielen. Erreiche ich alle Etappenziele, dann kann ich meinen Traum von zeitlich und finanziell unabhängigem Reisen in 6,5 Jahren verwirklichen.
Ich wünsch Euch auf jeden Fall viel Spaß bei eurem Sabbatical, genießt die Zeit und lasst es Euch vor allem so richtig gut gehen. Ich bin gespannt wie sich bei Euch so alles weiterentwickelt und vor allem, wie sich die Sichtweise auf den Erfolg verändert.
LG Thomas